Ein biometrisches Passbild-Selfie machen. Die Grosse Falle!

Durch einen Brief vom Einwohner-Meldeamt wurde ich darauf hingewiesen, dass beide Pässe, Perso und Reisepass, in den nächsten 3 Monaten ablaufen würden und ich deswegen bitte schnellstmöglich einen Online -Termin beim nächsten Amt vereinbaren sollte. Ein Passbild-Automat für das biometrische Passbild würde in jedem Einwohner-Meldeamt auch stehen, für 6,- € würde ich das Passbild in 5 Minuten bekommen, das heisst, ich würde es nicht sehen noch bekommen, sondern es würde dann direkt als digitales File zu meinem Sachbearbeiter geleitet, der es dann für die Pässe verwenden würde. Ich nahm es zur Kenntnis und vergass es wieder. Nach 2 Wochen kam es mir wieder in den Sinn und ich versuchte einen Online-Termin bei meinem Amt, in dem Viertel wo ich wohne zu bekommen. Der nächste freie Termin war 2 Monate später und eingedenk der Tatsache, dass die Herstellung der Pässe ca. 4-8 Wochen dauern sollte, würde ich 1 Monat keine gültigen Pässe besitzen. Bisschen uncool, da ich beruflich oft im Ausland bin. Das Einwohner Online-Portal schlug mir alternativ einen Termin in einem 15km entfernteren Stadtteil vor, den ich noch am selben Tag wahrnehmen könnte. Ich wollte es grade bestätigen, als mir diese Sache mit dem Passbild einfiel. Ich weiss, wie wichtig es ist, ein gutes Eigenbild von sich selber zu haben, das sich ja unter anderem durch ein Portrait ausdrückt. Und ich weiss, wie Automaten fotografieren. Musste ich nur in meine alten Pässe schauen, deren Automaten-Bilder in Zeitnot entstanden waren und 10 Jahre Gültigkeit gehabt haben, so dann auch die neuen…

Ich schaute in den Spiegel und wen und was ich dort sah, gefiel mir überhaupt nicht! Übernächtigt, unrasiert, unentspannt. Ich verschob erst einmal das Projekt “neue Pässe” und beschloss, mein Passbild selber zu Fotografieren. Aber erst, wenn ich ausgeschlafen war. Ich hatte noch in den Formalien gelesen, man könnte zumindest den Reisepass, mit einer guten Begründung, innerhalb 1 Woche bekommen + 37,-€ Zusatzgebühr zu den 70,-€ die er normal kostet. Das war so am 15. Januar 2024, meine Pässe waren noch bis zum 7.April 2024 gültig. In den nächsten Tagen ging mir mein Passbild immer wieder durch den Kopf. Ich schaute in den Spiegel und verschob das Fotografieren. Ich hatte ja noch Zeit. Das ging bis zur vorletzten Märzwoche. Ich war so genervt von mir selber, vor dem mich-nicht-selber-stellen, dass ich echt schlechte Laune hatte, die ich fast nie habe und entschloss am 17.März am Sonntag, endlich das Passfoto zu machen. Ich ging ab Donnerstag früh ins Bett, trank keinen Alkohol, machte mehr Sport und fing wirklich Sonntag morgen an zu Fotografieren. Hängte ein grosses Bild hinter mir von der Wand ( weisser Hintergrund) setzte mich in einem Abstand vor mein Fenster (flächiges Licht) nahm ein 85mm Objektiv, schraubte es an meine Kamera, stellte sie vor mich, koppelte mein iPhone mit der Kamera (Auslöser) und fing an zu fotografieren. Den ersten Satz Bilder begutachtete ich auf meinen Rechner und bekam richtig schlechte Laune. Ich liess alles stehen und machte einen Spaziergang um die Alster. Zurück brauchte ich 5 Stunden um ein einigermassen zufriedenstellendes Bild von mir zu machen. Ich bin eigentlich nicht eitel, na ja, bisschen, wie wir alle. Aber diese ganze Session hat mein Selbstwertgefühl dann doch leicht beschädigt. Klar, als Fotograf weiss ich, dass sich die Eigenwahrnehmung meistens von der Fremdwahrnehmung unterscheidet (hier das Foto). Das liegt oft daran, dass wir unser Aussehen meistens im Spiegel überprüfen, uns also spiegelverkehrt sehen. Und Fotos zeigen uns ja nicht spiegelverkehrt. Das ist dann schon mal die erste Irritation. Ausserdem, wenn ich in den Spiegel schaue, weiss ich ja, was ich denke und habe deswegen eine erstarrte Mimik. Das Lächeln verschwindet. Schon mal die 2. Irritation. Wenn ich morgens in meinen Badespiegel schaue, habe ich ein Gegenlicht, dass meine Haut fast faltenfrei erscheinen lässt. Digitale Fotos haben die Eigenheit (bei professionellen Kameras) alles ziemlich scharf abzubilden. Man sieht auf den Bildern dann jede Pore und alle Falten sehr deutlich. Dritte heftige Irritation. Alle Irritationen zusammengenommen ergeben dann eine Ablehnung des Portraits. Daran musste ich mich erst einmal wieder erinnern, als ich dann mein Portrait aussuchte. Und klar habe ich mich vor ein Fenster gesetzt, das nach Norden ausgerichtet ist. Dieses indirekte Nordlicht, auch als Malerlicht bezeichnet, ist sehr weich, gut für die Haut. Mein finales Passfoto habe ich natürlich dann noch in PS bearbeitet. Stellt sich jetzt die Frage: wie sehe ich eigentlich wirklich aus….. werde mal anfangen, verschiedenen Selbstportraits zu machen. Nicht aus Eitelkeit, aus Neugier. Und wenn ich mir die Selbstportraits von verschiedenen Malern anschaue, wird das wohl anstrengend :-)

PS: Mein Projekt Halbzeit -Kunst im öffentlichen Raum- war anders angelgt, dort wollte ich durch das Licht und den schwarzen Hintergrund eine Vergleichbarkeit der 50-Jährigen herstellen.

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Das Vergessene Interview