HALBZEIT

Kunst im öffentlichen Raum, Hamburg

Der Fotograf Michael Korte hat 50 50-Jährige in Hamburg auf der Straße fotografiert. Die Bilder wurden nicht retuschiert. Lediglich Licht und Schatten nutzt der Fotograf zur Interpretation. Es sind 50 sehr eindrucksvolle und aussagestarke Bilder entstanden, die diesen Jahrgang ehrlich, respektvoll und für sich selbst sprechend portraitieren.

Die Bilder werden ganz bewusst nicht in einer geschlossenen Galerie, sondern im öffentlichen Raum ausgestellt, um dahin (überlebensgroß) zurückzukehren, wo der Fotograf sie angetroffen hat, in den Alltag. Es geht nicht um inszenierte Schönheit, Verkäuflichkeit oder Klischees, sondern um Persönlichkeit, Reife, Individualität, Diversität und natürlich um das Älterwerden, das Altern, inmitten einer Gesellschaft, die dieses Thema auf allen Ebenen zwiespältig behandelt.


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Obwohl die statistische Lebenserwartung zunimmt, - jeder zweite Mann in Deutschland wird, laut Bundesamt, wenigstens seinen 80., jede zweite Frau ihren 85. Geburtstag erleben, rein rechnerisch befindet sich der Großteil von uns mit 50 längst in der zweiten Spielzeit. Dennoch ist die 50 eine Zäsur, ein Moment zum Innehalten, zum Umschauen, ins eigene Gesicht sehen.

Der Fotograf Michael Korte hat versucht, diesen Moment fotografisch festzuhalten. Er hat 50-Jährige portraitiert und sie danach mit ihrem eigenen Bild konfrontiert. Um möglichst nah an der Persönlichkeit zu bleiben und wohl wissend, dass Fotografie nicht Abbild der Realität, sondern eine Interpretation letzterer ist, hat er die Fotos der ernst schauenden 50-jährigen nicht durch Bearbeitungsprogramme manipuliert. Es ist der Versuch, durch den Einsatz von Licht, kleinste Details wie Hautstruktur, Kratzer, Falten, Narben, Male, die das Gesicht im Laufe des Lebens ‚gezeichnet’ haben, hervorzuheben und einen, vielleicht im Alltag nicht sichtbaren Teil der Persönlichkeit damit für den Betrachter sichtbar zu machen.

Die Reaktionen der Portraitierten sind so unterschiedlich wie ihre Persönlichkeiten. Es ist eine nicht unbedingt schmeichelhafte Form der Selbstbetrachtung, sich auf die Interpretation des Fotografen einzulassen, dem es nicht darum geht, die Menschen vor der Kamera besonders gut aussehen zu lassen. Sie erfordert ein gesundes Maß an Selbstvertrauen, die Bereitschaft, sich mit dem eigenen Leben auseinanderzusetzen und mit Sicherheit auch eine Entfernung von der herkömmlichen, zu großen Teilen werblich geprägten Betrachtungsweise von Fotografie. Vielleicht muss man mindestens 50 sein, um einem solchen Selbstbild zu begegnen.


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